Sonntag, 5. Juni 2016

REZENSION "Mondlicht in deinen Augen" von Anke Höhl-Kayser


Leseprobe
Als die Wuppertaler Studentin Jenny ein Skelett in einem Holzsarg findet, beginnt ein Albtraum: Sie wird von einer Geistererscheinung heimgesucht, die zu real ist, um sie als Traum abtun zu können. Ein mysteriöser Mann namens Gero entführt sie nach Rügen – ins Jahr 2062. In der Zukunft ist der letzte Kampf der Menschheit angebrochen. Die Überlebenden stellen sich gegen die Flammenwächter, eine neu entwickelte menschliche Spezies mit paranormalen Fähigkeiten. Jenny erkennt, dass der attraktive Gero sie für seine Zwecke missbraucht, doch kann sie sich noch länger seiner Faszination entziehen? Jennys Freunde Tom und Cara überwinden die Zeitbarriere, um sie zu retten – aber Jenny ist inzwischen zu einer Flammenwächterin geworden, und der Krieg ist in vollem Gange …


Seitenanzahl: 288
Preis: 12,99 EUR [E] ; 2,99 EUR [P]
ISBN: 978-9963-53-307-7
Verlag: bookshouse





Ein wunderschöner Blickfang, der den Anfang der Geschichte anhand des Skelets aufgreift. Das Pärchen, umgeben von einer Art Mondspiegelung, symbolisiert die Anziehungskraft der Protagonisten Jenny und Gero zueinander. Zeigt diese Cover-Gestaltung sowohl den Anfang, als auch das Ende der Geschichte oder ist es viel mehr das Ende, welches sich beide erhoffen?




Haustiere sind ein Stück Familie und sich von diesen verabschieden zu müssen ist ein schwerer Gang, so auch für Jenny. Die Beerdigung verläuft jedoch ganz anders als geplant und lenkt Jennys Leben in vollkommen neue Bahnen. Als wäre es nicht schon erschreckend genug, dass man beim Ausheben der Grabstelle auf einen Sarg trifft, indem sich ein Leichnam befindet, hat die junge Frau seitdem auch noch mit Visionen zu kämpfen, die sie als Illusion abtut, bis sie sich dem Offensichtlichem nicht länger verwehren kann.

Du bist ein Wunder, Jenny. Du bist der Anfang, entstanden aus dem Ende.

Allerlei Hürden türmen sich vor Jenny und das schon zu Beginn der Geschichte, doch der Turm, den es zu überwinden gilt, wird nicht kleiner, im Gegenteil. Die Wuppertaler Studentin hat Mut und Stärke bewiesen, denn obwohl es so viel leichter gewesen wäre, sich einzureden, dass die Vorkommnisse nur eine Art Traum sind, begegnet sie – in Hypnose versetzt – einem mysteriösen Mann, der sie in die zukünftige Welt Rügens, im Jahre 2062, entführt und ihre Hilfe fordert. 

Geros Entwicklung zu beobachten war ein spannendes Unterfangen, denn er hat eine ganz eigentümliche Art, den Dingen Nachdruck zu verleihen. Den neuen Einflüssen ausgesetzt, verändert sich auch Jenny und stößt ihre Freunde vor den Kopf. Auf ihrem gemeinsamen Weg verlagert sich allerdings nicht nur Jennys Blick auf die Dinge, auch der Feuerwächter Gero gewinnt neue Perspektiven dazu. So ist es Jenny, die durch ihn einen wichtigen Halt erfährt und Gero dem die Augen geöffnet werden. 

Lass mich für immer bei dir sein. Hör nicht auf. Ich höre nicht auf. Das ist mein Plan. Ich beginne in diesem Moment.

Nebst aller Hindernisse, war es schön, die wachsenden Gefühle zwischen Gero und Jenny zu beobachten, doch hat ihre Verbindung eine Chance, wenn sie in verschiedenen Welten leben, die Dekaden auseinander liegen? Auch das freundschaftliche Trio bestehend aus Jenny, Tom und Cara, sorgen für tolle emotionale Momente, denn ihre Freundschaft kennt keine Grenzen. Insbesondere Tom hat mich diesbezüglich beeindruckt, denn gerade als Jenny eine stärkende Hand und Rückhalt gebraucht hat, war er über das Normalmaß hinaus für sie da. Er ist ein Freund, dem man jedes Geheimnis anvertrauen kann und ihr beisteht, auch wenn es schwierig wird, der seine Hilfe nicht an Bedingungen knüpft, also genau das, was wirkliche und bedingungslose Freundschaft ausmacht.

Kann die Zukunft noch in andere Bahnen gelenkt werden oder ist alles nur eine Illusion? Und falls nicht, hat eine Liebe durch die Zeiten überhaupt eine Chance?




Jenny durchläuft eine Achterbahnfahrt der Gefühle, denn die Veränderungen die sie durchlebt, kann sie anfänglich selbst nicht zuordnen. Gero offenbart ihr eine neue Welt und entfacht Gefühle in ihr, die in Zukunft und Gegenwart nicht vereinbar scheinen.  Wo wird sie am Ende stehen und welche Opfer ist sie bereit zu bringen?

Gero erschien zu Beginn der Geschichte ein fragwürdiger Charakter zu sein, dessen Absichten undurchsichtig waren. Er vereint Charaktereigenschaften, die ihn besonders machen. Ebenso seine Verhaltensweisen machen es unmöglich ihn in eine Schublade zu stecken, denn er hat mich immer wieder überrascht. In einer Welt, in der Krieg in vollem Gange ist, stellt er sowohl Freund, als auch Feind da, denn er missbraucht Jenny für eigene Zwecke. Gero gelangt an einen Wendepunkt, doch noch zur rechten Zeit?



Anke Höhl-Kayser vereint in ihrem Buch Zukunft und Gegenwart mit beeindruckenden Settings. Durch die mystischen Züge Rügens wird das Wesen der Feuerwächter auf eine Stufe angehoben, die zusätzlich zum Aspekt der Zeiten, zum hohen Spannungsgehalt der Geschichte beiträgt.

Ein Blick auf die Zukunft und ihre Fortschritte werfen zu können, davon hat wohl jeder von uns schon einmal geträumt, doch das dieser Ausblick einen Eindruck bereit hält, der viel mehr von einem Rückschritt der Menschheit überzeugt, der von Ängsten überlagert, vollkommen neue und gar selbstzerstörerische Barrieren schafft, würde wohl kaum einer in Erwägung ziehen.

Die Autorin zeigt uns mit diesem Band, was geschehen kann, wenn die Masse die Augen vor etwas Neuem verschließt und Ängste die Oberhand gewinnen. Jenny sticht hier positiv heraus, denn obwohl auch sie Angst hat und eine Wandlung durchläuft deren Ausgang sie nicht abschätzen kann, so lässt sie sich nicht von dieser unterkriegen und beginnt gegen etwas anzukämpfen, dessen Gegengewicht viel stärker zu sein scheint.

Protagonisten und Nebencharaktere harmonieren hier in einem besonderen Verhältnis. Während mit Gero und Jenny zwei Zeiten miteinander kollidieren und die Gefühle wachsen, ist es die Freundschaft von Tom und Cara, die Jenny über das Band der Zeit hinaus begleitet und stärkt.

Obwohl sich die Ereignisse stellenweise so überschlagen, dass ich als Leser das Gefühl hatte, nicht alles erfassen zu können, tragen unvorhersehbare Wendungen, die Entwicklung der Charaktere im Rahmen einzigartiger Schauplätze und ein großes Finale, zu fesselnden Lesestunden bei, die die Seiten geradezu dahin fliegen lassen.








Anke Höhl-Kayser ist nicht nur 1962 in Wuppertal geboren, sondern lebt auch gern dort. Studiert hat sie trotzdem an der Ruhr-Universität Bochum, und zwar Literaturwissenschaften. Im Jahr 2009 machte sie wahr, was ihre beiden Kinder und ihr Mann schon lange befürchtet hatten und ist seitdem als Autorin und freie Lektorin tätig. Sie schreibt Fantasy und SF für alle Altersstufen, Kurzgeschichten und Lyrik. Inzwischen hat sie acht Bücher veröffentlicht (darunter eine heitere Hommage an Wuppertal, gemeinsam mit Torsten Buchheit und Annette Hillringhaus), und ihre Kurzgeschichten und Gedichte sind in zahlreichen Anthologien erschienen, einige davon mit Preisen ausgezeichnet. Im Dezember 2015 gewann ihre Kurzgeschichte „Seelenfeuer“den Drachenstern-Fantastikpreis.




Der Zeitwandler - Restart




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